Cathy Hummels gewinnt vor dem LG München I
Influencerin Cathy Hummels darf auf Instagram auf Marken bzw. Unternehmen verlinken, ohne diese Postings als Werbung zu kennzeichnen. Nicht, weil sie nicht gewerblich handele – sondern weil die Gewerblichkeit ihres Accounts umgekehrt für jedermann offensichtlich sei, so das LG München I. (…)
Das LG München I hat die wettbewerbsrechtliche Klage des Verbands Sozialer Wettbewerb (VSW) gegen Fußballer-Gattin und Instagram-Influencerin Cathy Hummels wegen Schleichwerbung abgewiesen (Urt. v. 29.04.2019, Az. 4 HK O 4985/18) – und damit die Influencer-Rechtsprechung erneut auf den Kopf gestellt.
Was dürfen Influencer? Diese Frage stellen sich derzeit nicht nur andere „Größen“ der Branche, sondern auch Unternehmen, Juristen und Pressevertreter. Seit einem Urteil des Landgerichts Berlin vom Mai 2018 (Az. 52 O 101/18) herrscht darüber große Unsicherheit. Das LG Berlin hatte seinerzeit entschieden, dass Influencer unter Umständen auch bei der Präsentation selbst gekaufter Produkte ihre Instagram-Posts als Werbung kennzeichnen müssen (Urt. v. 24.05.2018 – Az. 52 O 101/18). Zumindest gelte dies für Influencer mit besonders vielen Followern und immer dann, wenn der entsprechende Post einen Link zum Instagram-Account des jeweiligen Unternehmens enthielt. Der Grund: Influencer handelten letztlich praktisch immer gewerblich, würden aber mit der vermeintlichen Darstellung ihres Privatlebens die Nutzer beeinflussen. Ähnlich wie das LG Berlin argumentierte später auch das LG Osnabrück. Mit einer solchen Argumentation wäre eine Art „Sonder-Rechtsprechung“ nur für Influencer etabliert worden.
Dies führte zu der absurden Situation, dass inzwischen zahlreiche Influencer ihre Posts, Verlinkungen bzw. Erwähnung von Markennamen, Unternehmen, Produkten, anderen Influencern oder Orten grundsätzlich immer als Werbung kennzeichnen. So konnten Nutzer erst recht nicht mehr unterscheiden, was denn nun Werbung und was lediglich „normaler“ Seiteninhalt ist. Und es sah so aus, als hätte der Influencer eine bezahlte Kooperation mit einem Unternehmen, mit dem er tatsächlich noch nie im Kontakt stand. Damit drohte die Verwässerung des Werbebegriffs.
Zwar relativierte später das Kammergericht Berlin das Urteil der Vorinstanz (Urt. v. 08.01.2019, Az. 5 U 83/18) – doch die Verunsicherung blieb. Daher wurde das Urteil des LG München I im Fall Cathy Hummels mit besonderer Spannung erwartet. (…)
Das LG München I entschied aber nun, dass Hummels‘ Posts keine getarnte Schleichwerbung sind. Zwar handele Hummels zu gewerblichen Zwecken, weil sie durch die Posts die verlinkten Unternehmen und ihr eigenes Unternehmen fördere. Insofern stimmt das LG München I den anderen Gerichten in der Sache zu, dass alles, was Influencer machen, letztlich kommerziellen Zwecken dient. Nicht aber in der Konsequenz, die daraus folgt.
Die Menschen, die Hummels auf Instagram folgen, wüssten, dass ihr Account einen für jeden ersichtlichen kommerziellen Zweck habe und sie geschäftlich handle. Verlinkungen ohne Gegenleistung müssten daher nicht als Werbung gekennzeichnet werden. Influencer müssten genauso behandelt werden wie traditionelle Printmedien. So würde auch in Frauenzeitschriften ohne Ende auf Produkte hingewiesen: Bereits in der letzten mündlichen Verhandlung verglich die Vorsitzende die Influencerin mit einer Frauenzeitschrift. Auch in traditionellen Medien seien Hinweise auf Produkte erlaubt. „Haben Sie schon mal ‚Brigitte Online‘ gelesen? Da gibt’s Verlinkungen ohne Ende.“ Hummels bestätigte dies nach Ende der Verhandlung: „So sehe ich mich, als Frauenzeitschrift“.
Bereits in der letzten mündlichen Verhandlung hatte die Vorsitzende Richterin bereits eine Tendenz durchblicken lassen, die für die Argumentation von Hummels sprach. Auch wenn sie das Influencer-Wesen für „überflüssig wie einen Kropf“ halte, heiße dies noch lange nicht, dass das gesetzlich verboten wäre.
Urteil soll nur für besonders reichweitenstarke Influencer gelten
Das Gericht unterstrich allerdings, dass die Erkennbarkeit des gewerblichen Handelns in jedem Einzelfall geprüft werden müsse. Die Entscheidung dürfe daher nicht generell mit Blick auf andere Blogger oder Influencer verallgemeinert werden. Letztlich soll es wohl darauf ankommen, wie offensichtlich kommerziell der Account ist.
Ausschlaggebend in diesem konkreten Fall seien u. a. die Anzahl der Follower gewesen. Dass Frau Hummels nicht mit 465 000 Menschen auf der Welt befreundet sein kann könne, sei ziemlich klar. Außerdem sei der Umstand relevant gewesen, dass es sich bei Hummels um ein öffentliches, verifiziertes und mit einem blauen Haken versehenes Profil handele.
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