Abweichung von den Urheberrechten nicht durch Pressefreiheit gerechtfertigt
Die Bundesrepublik Deutschland lässt wöchentlich einen militärischen Lagebericht über die Auslandseinsätze der Bundeswehr erstellen. Diese Berichte werden unter der Bezeichnung „Unterrichtung des Parlaments“ (UdP) an ausgewählte Dienststellen übersandt. Daneben veröffentlicht die Bundesrepublik Deutschland gekürzte Fassungen der UdP als „Unterrichtung der Öffentlichkeit“. Die deutsche Gesellschaft Funke Medien NRW betreibt das Internetportal der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Im September 2012 beantragte sie Zugang zu sämtlichen UdP der vergangenen elf Jahre. Ihr Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass das Bekanntwerden einiger Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Bundeswehr haben könnte. Funke Medien gelangte jedoch an einen Großteil der UdP und veröffentlichte einige von ihnen unter der Bezeichnung „Afghanistan-Papiere“. Die Bundesrepublik Deutschland ist der Ansicht, Funke Medien habe ihr Urheberrecht an den Berichten verletzt. Sie nahm sie daher vor den deutschen Zivilgerichten auf Unterlassung in Anspruch. Vor diesem Hintergrund ersucht der BGH den Gerichtshof um die Auslegung des Unionsrechts über den Urheberrechtsschutz. In seinem Urteil vom 29.7.2019 (Az. C-469/17) stellt der Gerichtshof fest, dass es Sache des nationalen Gerichts ist, vor allem zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen urheberrechtlichen Schutz militärischer Lageberichte vorliegen. Diese können nämlich nur dann urheberrechtlich geschützt sein, wenn es sich bei ihnen um eine geistige Schöpfung ihres Urhebers handelt, in der seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt. Sollten diese Voraussetzungen erfüllt und die militärischen Lageberichte damit als „Werke“ anzusehen sein, können die Informationsfreiheit und die Pressefreiheit keine Abweichung von den Urheberrechten rechtfertigen.
• curia.europa.eu / rundy