Aussage „100% Rohkost“ ist irreführend, wenn das Produkt zuvor erhitzt wurde
Das „Clean Eating“ liegt bei Verbrauchern im Trend. Der Verzicht auf industriell verarbeitete Lebensmittel und die Besinnung auf Vollwertprodukte versprechen eine ausgewogene, gesunde Ernährung. Um ihren Produkten zu einem naturbelassenen Image zu verhelfen, greifen Unternehmen tief in die Trickkiste der Werbeaussagen. Dass hierbei die Grenzen des Irreführungsverbots teilweise überschritten werden, zeigt ein aktuelles Urteil des LG Koblenz vom 5.5.2020 (Az. 2 HK O 61/17) am Beispiel eines Kokosnussöls: Dieses war als Rohkost beworben worden, auch wenn es bei der Herstellung erhitzt wurde. (…)
Das beklagte Unternehmen stellt Lebensmittel aus Kokosnüssen her. Es warb mit den Aussagen „100 % naturbelassene Rohkost“ und „100 % Rohkost“ für ein Kokosnussöl. Gegen diese Aussagen richtet sich die Klage der Wettbewerbszentrale. Kokosnussöl wird aus Kokosnussfleisch hergestellt. Das Kokosnussfleisch wird geraspelt und bei ca. 87° C für einige Minuten erhitzt. Danach wird es in heißem Dampf bei ca. 80° C – 100° C getrocknet.
Laut der Wettbewerbszentrale verliert das Kokosnussöl durch das Erhitzen seine Eigenschaft als Rohkost. Aus diesem Grund handle es sich bei den Werbeaussagen „100 % naturbelassen Rohkost“ und „100 % Rohkost“ um irreführend Werbung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG. Nach erfolgloser Abmahnung verklagte die Zentrale das Unternehmen auf Unterlassung.
Das LG Koblenz gab der Klage statt und verurteilte das beklagte Unternehmen antragsgemäß zur Unterlassung. Der Verbraucher verstehe unter Rohkost frische und im vorliegenden Fall nicht erhitzte Lebensmittel. Das Kokosnussfleisch verliere durch das Erhitzen aber gerade seine Rohkostqualität. (…)
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