BGH äußert sich zur „Wittenberger Sau“

Das Bundesgerichtshof Urteil vom 14.6.2022 (Az. VI ZR 172/20) betrifft die beklagte Kirchengemeinde, die Eigentümerin der Wittenberger Stadtkirche ist, an deren Außenfassade sich seit etwa dem Jahr 1290 ein Sandsteinrelief befindet. Es zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch ihre Spitzhüte als Juden identifiziert werden. (…) Zwar wies das Relief jedenfalls bis zur Verlegung der in Bronze gegossenen Bodenreliefplatte am 11.11.1988 einen das jüdische Volk und seine Religion massiv diffamierenden Aussagegehalt auf und brachte Judenfeindlichkeit und Hass zum Ausdruck. Die Beklagte hat den jedenfalls bis zum 11.11.1988 bestehenden rechtsverletzenden Zustand aber dadurch beseitigt, dass sie unter dem Relief eine nach den örtlichen Verhältnissen nicht zu übersehende, in Bronze gegossene Bodenplatte mit (…) Inschrift enthüllt und in unmittelbarer Nähe dazu einen Schrägaufsteller mit der Überschrift „Mahnmal an der Stadtkirche Wittenberg“ angebracht hat, der den historischen Hintergrund des Reliefs und die Bronzeplatte näher erläutert. (…)

Aber auch wenn man annähme, die Beklagte habe sich durch die Enthüllung der in Bronze gegossenen Bodenplatte und die Aufstellung des Schrägaufstellers noch nicht hinreichend von der im Relief bei isolierter Betrachtung zum Ausdruck kommenden Aussage distanziert, könnte der Kläger nicht die – allein begehrte – Entfernung des beanstandeten Sandsteinreliefs verlangen. Bestehen, wie im Streitfall, mehrere Möglichkeiten, eine rechtswidrige Beeinträchtigung für die Zukunft abzustellen, muss es dem Schuldner überlassen bleiben, wie er den Störungszustand beseitigt.

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