EU-Parlament stimmt strengeren Regelungen für Internetriesen zu

(…) Tech-Giganten wie Facebook und Google müssen in der Europäischen Union künftig deutlich strengere Regeln einhalten. Das Europäische Parlament hat am 5.7.2022 nämlich dem „Digital Services Act“ (DSA) und dem „Digital Markets Act“ (DMA) mit großer Mehrheit zugestimmt. Dabei soll der DSA möglichst gesellschaftliche Probleme wie den Umgang mit Hassrede und Fake-News in Angriff nehmen. Der DMA hingegen soll mittels härteren Wettbewerbsregulierungen einer weiteren Monopolbildung der etablierten Internetriesen wie Google, Facebook und Co. entgegenwirken.

Und diese sind auch zwingend nötig. Zuletzt hat die EU nämlich Anfang des Jahrtausends umfassende Regeln für den Gebrauch des Internets verabschiedet. Für eine bessere Einordung: Damals war Google gerade gegründet worden. Amazon verkaufte vor allem Bücher und Face­book entstand erst Jahre später. Heutzutage geht es im Internet deutlich anders zu. Die EU will deshalb mit dem DSA und dem DMA zeitgemäße Vorgaben schaffen.

Im Genauen soll der DSA die Pflichten digitaler Dienste regeln, die als Vermittler fungieren. Gemeint sind Plattformen, die Verbraucher mit Waren, Dienstleistungen und Inhalten verbinden wie Online-Marktplätze, Soziale Netzwerke, Internetdienstanbieter und Betreiber von Cloud- und Messaging-Diensten. Die neuen Vorschriften sind nach Größe und Bedeutung einer Plattform geordnet. Die geringsten Anforderungen gelten für reine Vermittlungsdienste, während sich „sehr große Online-Plattformen“ den größten Änderungen ausgesetzt sehen. (…)
Der DMA dagegen soll in Zukunft Regeln für Plattformen aufstellen, die als „Gatekeeper“ im digitalen Sektor agieren. Zu diesen „Gatekeepern“ gehören Unternehmen, die einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Milliarden Euro oder eine Marktkapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro haben. Zudem müssen sie mindestens einen sogenannten zentralen Plattformdienst mit mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern und 10 000 aktiven gewerblichen Nutzern monatlich betreiben. Zu zentralen Plattformdiensten sollen etwa gehören: Suchmaschinen wie Google, Vermittlungsdienste wie Amazon Marketplace, Soziale Medien wie Facebook und Video-Plattformen wie YouTube. Außerdem sollen Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Facebook-Messenger, Betriebssysteme wie das iOS von Apples iPhones sowie Android von Google und Cloud-Dienste wie Amazon AWS erfasst sein. Bei den Verhandlungen einigten sich das Parlament und die EU-Staaten zudem darauf, dass auch Web-Browser und Sprachassistenten wie Amazons Alexa dazu gehören. Die DMA-Regeln beziehen sich dabei ausschließlich auf den jeweiligen Plattformdienst und nicht auf das ganze Unternehmen.

Die neuen Vorschriften aus dem DMA werden dabei als Verpflichtungen und Verbote festgehalten, an die sich die „Gatekeeper“ bei ihrer täglichen Arbeit halten müssen. Diese sollen Unternehmen die Möglichkeiten eröffnen, auf Grundlage der Vorzüge ihrer Produkte und Dienstleistungen um Märkte zu kämpfen und Innovationen voranzutreiben. (…)
Sollten die von DMA und DSA erfassten Plattformen gegen die Vorschriften verstoßen, drohen heftige Sanktionen: Der DMA sieht Strafen von zunächst von bis zu 10 % des weltweiten Jahresumsatzes vor. Bei wiederholten Verstößen können es sogar bis zu 20 % sein. In Ausnahmefällen, etwa bei „systematischer Verletzung“, können auch weitere, nicht-finanzielle Abhilfemaßnahmen verhängen. Dazu können verhaltensbezogene und strukturelle Maßnahmen gehören, wie die Veräußerung von (Teilen) eines Geschäfts oder ein Fusionsverbot für einen bestimmten Zeitraum. Verstöße gegen den DSA können mit immerhin bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes bestraft werden. Damit übersteigt die Höhe der Bußgeldandrohung in beiden Gesetzen sogar noch bei Weitem die bereits drastischen Drohungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Dort können Sanktionen bis zu 20 Millionen Euro oder 4 % des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden.

Ob die neuen Schutzmaßnahmen am Ende auch das halten was sie versprechen, wird man erst 2023 bzw. 2024 erfahren. Zunächst müssen sowohl der DMA als auch der DSA noch von den EU-Staaten im Rat formell angenommen werden. Danach werden beide Gesetze im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Nach Inkrafttreten gilt für den DSA grundsätzlich noch eine Übergangsfrist von 15 Monaten, frühestens gilt er ab dem 1.1.2024.

Dies gilt jedoch nicht für die sehr großen Plattformen und Suchmaschinen. Bei diesen sollen die neuen Regeln nach Angaben der EU-Kommission bereits vier Monate, nachdem sie von der Kommission als „Gatekeeper“ eingestuft worden seien. Der DMA soll sechs Monate nach seinem Inkrafttreten gelten.

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