Facebook muss Pseudonyme zulassen

Müssen Nutzer auf Facebook ihren Klarnamen angeben oder dürfen sie auch ein Pseudonym verwenden? Nach dem BGH-Urteil vom 27.1.2022 (Az. III ZR 3/21 und III ZR 4/21) ist klar: Wer schon vor dem 25.5.2018 angemeldet war, darf weiterhin anonym bleiben. Wie es für neuere Nutzer und die Frage der Anonymität im Internet generell aussieht, ist weiterhin unklar. Aus der Pressemitteilung ist nicht ersichtlich, dass der BGH den Anlass genutzt hat, um sich zur heutigen Situation zu äußern. Das Urteil erläutert Rechtsanwalt Christian Solmecke.

„Dürfen wir in den sozialen Netzwerken anonym posten? Wie diese Frage aktuell zu entscheiden wäre, ist nach dem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs leider wohl weiterhin unklar. Denn das Urteil gilt nur für Altfälle. Das ist juristisch zwar nachvollziehbar. Allerdings nutzt der BGH gelegentlich die Möglichkeit, sich in einem ‚obiter dictum‘ zu Rechtsfragen zu äußern, die nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Zumindest aus der BGH-Pressemitteilung ist nicht ersichtlich, dass er das getan hätte, die Urteile im Volltext liegen noch nicht vor. Damit scheint die Frage weiterhin offen zu bleiben. Freuen können zumindest alle Nutzer, die sich vor dem 25.5.2018 anonym angemeldet hatten – sie dürfen wohl weiterhin anonym bleiben, denn die Argumentation des BGH gilt für alle alten Versionen von Facebooks Nutzungsbedingungen.

Verfechter einer Klarnamenpflicht wollen damit vor allem Täter von Hass und Hetze im Internet abhalten. Befürworter des Rechts auf Anonymität – darunter fällt auch die aktuelle Bundesregierung – zielen gerade auf den Schutz der Opfer vor Hass und Hetze im Internet ab. Das Oberlandesgericht München urteilte 2020 noch, dass Facebook die Nutzung von Pseudonymen verbieten dürfe. Der BGH sah das nun in zwei ähnlich gelagerten Fällen anders, kippte Facebooks entsprechende Nutzungsbedingungen und erlaubte die Pseudonyme der klagenden Nutzer.

Die Begründung des BGH: Facebooks AGB in der damals gültigen Fassung verstießen gegen § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG), worin steht: ‚Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist.‘ Deswegen würden die Nutzer unangemessen benachteiligt. Facebook hätte zwar verlangen können, dass die Nutzer dem Dienst bei der Anmeldung ihren wahren Namen mitteilten. Es sei aber nicht notwendig gewesen, auch öffentlich unter dem echten Namen aufzutreten. Allerdings hat der BGH – anders als das OLG München – den Fall nach der alten Rechtslage und damit auf Grundlage der nicht mehr gültigen EU-Datenschutzrichtlinie entschieden. (…)

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