Gastzugang in Online-Shops kann datenschutzrechtlich entbehrlich sein
Eine Kundenkonto-Registrierung in Online-Shops geht mit Vorteilen der Beschleunigung des Bestellprozesses und der Eisehbarkeit der Bestellhistorie einher. Weil dabei aber grundsätzlich auch personenbezogene Daten des Kunden dauerhaft gespeichert werden, ist anerkannt, dass als datenschutzfreundliche Alternative Gastbestellungen möglich sein müssen. Das LG Hamburg entschied nun, dass auf einen Gastzugang unter gewissen rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen ausnahmsweise verzichtet werden kann. (…)
Der Sachverhalt
Die Klägerin, eine Verbraucherzentrale, beanstandete die fehlende Möglichkeit der Bestellung über einen reinen Gastzugang auf der Webseite der Beklagten, einem bekannten Online-Markplatz für Verbraucherprodukte. Eine Bestellung war dort nur mit vorausgehender Registrierung möglich.
Für die Klägerin stellte dies einen Verstoß gegen die DSGVO dar, wobei sie sich auf einen Beschluss der Datenschutzkonferenz des Bundes und der Länder vom 24. März 2022 bezog. Nach Ansicht der führenden deutschen Datenschutzbehörden müssten Online-Shops grundsätzlich einen Gastzugang ohne Registrierung anbieten.
Die Beklagte hielt dem entgegen, dass im Rahmen der Kundenregistrierung als einziges zusätzliches Merkmal im Vergleich zu einer hypothetischen Gastbestellung die Vergabe eines Passwortes abgefragt würde. Alle anderen bereitzustellenden Daten seien solche, die auch für die Abwicklung einer Gastbestellung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO zwingend erforderlich seien.
Die Entscheidung
Das LG Hamburg wies die Klage mit Urteil vom 22.2.2024 (Az: 327 O 250/22) ab.
Die Bereitstellung eines Gastzugangs sei nicht ausnahmslos erforderlich. Zwar stimme es, dass es einen entsprechenden Beschluss der DSK gebe, der die Bereitstellung eines Gastzugangs verlange. Jedoch könne im hier vorliegenden Fall davon abgewichen werden. Damit legte das Gericht den Grundsatzbeschluss der DSK, der die Bereitstellung eines Gastzugangs als datenschutzrechtliches Erfordernis ansah, sehr restriktiv aus.
Hinweise der DSK vom 24. März 2022
In ihrem Beschluss vom 24. März 2022 beurteilte die Datenschutzkonferenz des Bundes und der Länder das Bestellprozedere in Online-Shops in datenschutzrechtlicher Hinsicht und führte insbesondere zur Einordnung von Kundenkonto-Registrierungen und Gastbestellungen aus.
Verantwortliche, die Waren oder Dienstleistungen im Onlinehandel anbieten, müssten ihren Kunden unabhängig davon, ob sie ihnen daneben ein fortlaufendes Kundenkonto zur Verfügung stellten, grundsätzlich einen Gastzugang für die Bestellung bereitstellen.
Denn auch im Online-Handel gelte der Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO. Danach dürften nur solche Daten erhoben werden, die für die Abwicklung eines einzelnen Geschäfts erforderlich seien. Die zulässige Verarbeitung personenbezogener Daten hänge im Einzelfall insbesondere davon ab, ob Kunden einmalig einen Vertrag abschließen wollten oder eine dauerhafte Geschäftsbeziehung anstrebten. Dies setze voraus, dass Kunden jeweils frei entscheiden könnten, ob sie ihre Daten für jede Bestellung neu eingeben wollten oder ob sie bereit seien, eine dauerhafte Geschäftsbeziehung einzugehen, die mit einem fortlaufenden Kundenkonto verbunden wäre.
Damit eine für die Einrichtung eines fortlaufenden Kundenkontos erforderliche Einwilligung nicht gegen das in Art. 7 Abs. 4 DSGVO erwähnte Kopplungsverbot verstieße, müssten die Kunden im Online-Shop die gleichen Angebote auf anderem gleichwertigem Wege als über das fortlaufende Kundenkonto bestellen können (Rn. 37 f. der Leitlinien 05/2020 zur Einwilligung gemäß Verordnung 2016/679 des Europäischen Datenschutzausschusses vom 4.5.2020) (…).
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