Irreführende Werbepraxis: Werbung mit Gütesiegeln erfordert Angabe der Prüfkriterien
Ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs klagte gegen ein Unternehmen, welches auf seiner Online-Plattform einen Fitness-Hocker mit dem Gütesiegel „LGA geprüft“ bewarb, ohne dabei die Prüfkriterien oder einen Link für diese anzugeben. Das OLG Bremen entschied nun, dass diese Werbepraxis irreführend ist.
Die jüngste Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen betont die Notwendigkeit der Transparenz und Klarheit in der Online-Werbung, speziell wenn es um die Bewerbung von Produkten mit Prüfsiegeln oder Testergebnissen geht. Unternehmen, die ihre Produkte mit solchen Siegeln bewerben, müssten sicherstellen, dass sie nicht nur alle wesentlichen Informationen über die Prüfkriterien und Ergebnisse bereitstellen, sondern auch, dass diese Informationen für den Verbraucher leicht zugänglich seien.
Dies beinhalte, dass eventuelle Verweise auf weitere Details über einen Link klar als solche erkennbar sein müssten. Dabei reiche es nicht aus, die Links lediglich in einer anderen Farbe oder in unauffälliger Weise zu gestalten. Vielmehr müsse aus der Gestaltung eindeutig hervorgehen, dass es sich um einen interaktiven Verweis handele, der weitere wichtige Informationen bereithält. Wer dies nicht tue, handle unlauter, stellte nun noch einmal das OLG Bremen klar (Hinweisbeschl. v. 24.1.2024, Az. 2 U 60/23). Auch äußerte sich das Gericht zu den Anforderungen an den Link zu einem Prüfzertifikat.
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits zwischen dem V. e.V., einem Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs, und der P. GmbH, einem Online-Anbieter von Betriebs- und Lagerausstattung, stand eine Werbemaßnahme der P. GmbH auf ihrer Internetplattform. Die P. GmbH bewarb einen Topstar Fitness-Hocker mit der Angabe „Stufenlose Sitzhöhenverstellung mit Toplift (LGA geprüft)“, ohne dabei nähere Angaben zu den Prüfkriterien oder einem Link zu bieten, an der diese Prüfkriterien für die Verbraucher einsehbar gewesen wären. V. e.V. monierte, dass diese Praxis irreführend sei, da wesentliche Informationen, die für eine informierte Kaufentscheidung der Verbraucher erforderlich sind, vorenthalten wurden. Die P. GmbH hielt dagegen, dass die Angabe „LGA geprüft“ in der Produktbeschreibung als ausreichend betrachtet wurde und behauptete, die Buchstaben „LGA“ seien als Link gestaltet, der bei Klick weitere Informationen zum Prüfzertifikat bereitgestellt hätte. Der V. e.V. bestritt jedoch die ausreichende Kennzeichnung als Link und die Zugänglichkeit der behaupteten weiterführenden Informationen, was zum Kern des gerichtlichen Verfahrens wurde.
Verbraucher wird durch Gütesiegel irregeführt
Das Landgericht Bremen hatte der Klage auf Unterlassung zunächst erstinstanzlich vollumfänglich stattgegeben. Die P. GmbH habe dem Verbraucher wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG vorenthalten, indem sie mit der Angabe „LGA geprüft“ geworben habe, ohne dem Verbraucher die Prüfkriterien oder zumindest eine Fundstelle, wo er diese nachlesen könnte, mitzuteilen. Gegen diese Entscheidung richtete sich sodann auch die Berufung, die das OLG Bremen jedoch beabsichtigte, zurückzuweisen. Die Berufung habe keine Aussicht auf Erfolg. Daraufhin nahm die Beklagte die Berufung zurück.
Zunächst stellte das Gericht fest, dass sich das Angebot der P. GmbH auch an Verbraucher richte. In Bezug auf das Vorenthalten wesentlicher Informationen legte das Gericht dar, dass die Prüfkriterien eines beworbenen Testergebnisses oder einer sonstigen Prüfung wesentliche Informationen im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG darstellen würden. Ein Prüfzeichen würde dem Verbraucher eine kompakte Information über das Produkt liefern und signalisieren, dass das Produkt von einer neutralen Stelle nach objektiven Kriterien geprüft worden sei. Der Verbraucher würde demnach erwarten, dass das mit dem Prüfzeichen versehene Produkt bestimmte Qualitäts- und Sicherheitsstandards erfüllt. Die Angabe „LGA geprüft“ ohne weitere Erläuterung oder Verlinkung zu den Prüfkriterien würde daher eine wesentliche Information vorenthalten und könnte den Verbraucher zu einer Entscheidung veranlassen, die er sonst möglicherweise nicht getroffen hätte.
Des Weiteren hätte das Gericht ausgeführt, dass es unerheblich sei, ob das Testergebnis in der Produktbeschreibung besonders hervorgehoben wurde oder nicht. Entscheidend sei vielmehr, dass dem Verkehr signalisiert werde, dass eine Prüfung stattgefunden habe. Es könne offenbleiben, ob die Buchstabenfolge „LGA“ als Link ausgestaltet gewesen sei, da die behauptete Gestaltung jedenfalls als Vorenthalten wesentlicher Informationen gelten würde. Selbst wenn die Buchstabenfolge „LGA“ in einer abweichenden Farbgestaltung erschienen wäre, wäre dies nicht ausreichend gewesen, um die Wahrnehmbarkeit der Information sicherzustellen. Darüber hinaus würde bei einer bloß geringfügigen Farbabweichung die Gefahr bestehen, dass der Durchschnittsverbraucher die Information nicht als Link auf ein Prüfzertifikat auffassen würde, was ebenfalls als Vorenthalten wesentlicher Informationen im Sinne des § 5a Abs. 2 Nr. 2 UWG gewertet werden könnte.
Zusammenfassend hat das Gericht festgestellt, dass das Vorenthalten der wesentlichen Informationen geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, womit die P.GmbH gegen die Anforderungen des UWG verstoßen hätte.
Unternehmen wird daher empfohlen, nicht nur die Existenz solcher Siegel hervorzuheben, sondern auch sicherzustellen, dass die dahinterstehenden Prüfkriterien und Ergebnisse für den Verbraucher leicht zugänglich und verständlich sind. Diese Verpflichtung zur Klarheit dient dem Schutz der Verbraucher vor irreführenden Werbeaussagen und stärkt ihr Vertrauen in die beworbenen Produkte. Das Urteil unterstreicht, dass eine informierte Kaufentscheidung der Verbraucher nur auf Basis vollständiger und transparent kommunizierter Informationen möglich ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen ihre Werbestrategien überdenken und gegebenenfalls anpassen müssen, um den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden und das Vertrauen ihrer Kundinnen und Kunden nicht zu gefährden. (…)
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