Klimaneutral bis 2050: Adidas wird Greenwashing-Werbung untersagt
„Klimaneutral bis 2050“ – das klingt gut, kann aber rechtlich schnell zum Bumerang werden. Adidas musste das nun vor dem LG Nürnberg-Fürth erfahren. Eine großspurige Nachhaltigkeits-Ankündigung auf der Website reichte nicht aus, um das Gericht zu überzeugen.
Der Sportartikelhersteller Adidas darf auf seiner Unternehmenswebsite nicht mehr damit werben, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein, ohne dabei ausdrücklich klarzustellen, dass dieses Ziel auch durch CO2-Kompensationsmaßnahmen – etwa durch den Erwerb von Grünstromzertifikaten – erreicht werden soll. Dies entschied das Landgericht Nürnberg-Fürth auf Klage der Deutschen Umwelthilfe. Die Richter stuften die Werbeaussage als irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des § 5 Abs. 1 UWG ein (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25. März 2025, Az. 3 HK O 6524/24).
Adidas warb mit „klimaneutral“
Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Aussage auf der Website adidas-group.com. Unter dem Reiter „Nachhaltigkeit“ hatte Adidas unter der Überschrift „Unsere Ziele für 2025 und darüber hinaus“ angekündigt, bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein zu wollen. Ergänzend wurden über ausklappbare Menüs Maßnahmen zur Emissionsreduktion bis 2025 und 2030 erläutert.
Dass Adidas das langfristige Klimaziel nicht ausschließlich über eigene Einsparmaßnahmen, sondern auch durch Kompensationen – etwa über Grünstromzertifikate – zu erreichen plante, ging jedoch nicht aus der eigentlichen Werbeaussage hervor. Entsprechende Informationen fanden sich lediglich im verlinkten „Geschäftsbericht Nachhaltigkeit 2023“.
Die DUH hielt diese Form der Darstellung für irreführend und mahnte Adidas zunächst ab. Nachdem das Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgab, erhob der Verband Klage auf Unterlassung sowie Erstattung der entstandenen Abmahnkosten.Adidas verteidigte sich unter anderem damit, die beanstandete Website richte sich ausschließlich an Investoren und sei daher nicht dem Anwendungsbereich des UWG zuzuordnen. Zudem sei durch die bereitgestellten weiterführenden Informationen – insbesondere den Geschäftsbericht – ausreichend Transparenz hergestellt worden.
Adidas-Werbung mit klimaneutral irreführend
Das LG Nürnberg-Fürth wies die Adidas-Argumentation jedoch zurück. Es stellte zunächst klar, dass es sich bei der Website adidas-group.com um eine allgemeine Unternehmensseite handele, die sich an eine breite Öffentlichkeit richte, einschließlich der Verbraucher. Dies zeige sich bereits an der Vielzahl an Themenreitern wie „Über uns“, „People & Kultur“ oder „Magazin“ sowie an der offenen Zugänglichkeit der Seite. Auch die Tatsache, dass unter dem Reiter „Nachhaltigkeit“ Bewerbungsaufrufe eingebunden seien, spreche dafür, dass sich die Seite nicht ausschließlich an Investoren richte.
Im Kern sah das Gericht in der angegriffenen Aussage eine irreführende geschäftliche Handlung. Der Begriff „klimaneutral“ sei mehrdeutig und könne von einem erheblichen Teil der Verbraucher so verstanden werden, dass das beworbene Ziel ausschließlich durch eigene Emissionsvermeidung erreicht werde. Tatsächlich sei jedoch unstreitig, dass Adidas auch CO2-Kompensationsmaßnahmen plane. Das Gericht wies in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin, wonach bei umweltbezogenen Werbeaussagen – insbesondere bei mehrdeutigen Begriffen wie „klimaneutral“ – eine erhöhte Aufklärungspflicht bestehe. Die relevante Information müsse daher bereits Bestandteil der Werbung selbst sein. Verweise auf außerhalb der Werbung stehende Informationsquellen, die vom Verbraucher erst selbst aufgesucht werden müssten, genügten nicht, um dem Irreführungsverbot zu entgehen.
Besondere Bedeutung maß das Gericht dabei der Tatsache bei, dass der Begriff „klimaneutral“ für viele Verbraucher ein zunehmend kaufentscheidendes Merkmal darstelle. Aufgrund dieser hohen Bedeutung sei auch eine hohe Transparenz erforderlich. Die Tatsache, dass Adidas erst für das Jahr 2050 eine Klimaneutralität verspreche, ohne einen vollständigen Maßnahmenplan bis dahin vorzulegen, verstärke zudem den Eindruck, dass das Unternehmen sein Ziel nicht allein durch eigene Reduktionsmaßnahmen erreichen werde. Gleichwohl sei dieser Umstand nicht ausreichend aufgeklärt worden.
Folglich bejahte das Gericht einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, § 5 UWG sowie einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nach § 13 Abs. 3 UWG in Höhe von 280,78 Euro. Adidas wurde das weitere Bewerben mit der konkreten Aussage untersagt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Adidas kann gegen die Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht Nürnberg einlegen. (…)
• www.wbs.legal