LG Darmstadt: Aktuell beworbenes Produkt muss lieferbar sein

Die Werbung für ein bestimmtes Produkt unter Angabe von Preisen wird grundsätzlich als Verfügbarkeitszusage verstanden. Während in der Online-Werbung auf Preis- oder Lagerbestandsänderungen kurzfristig durch inhaltliche Anpassungen reagiert werden kann, muss Printwerbung durch eine Neuauflage ersetzt werden. In diesem Zusammenhang bestätigte das LG Darmstadt jüngst eine Irreführung durch nicht aktualisierte Flyerwerbung für ein Produkt, das zum beworbenen Preis nicht mehr lieferbar war.

Per Flyer hatte ein Unternehmen ein bestimmtes Balkonkraftwerk mit einer Beispielsrechnung zum Preis von 750,00 Euro beworben. Der Flyer, der in der Aktualität ausgegeben wurde, trug den Hinweis „Stand: 05.2021“
Eine Interessentin wollte die beworbene Ware erwerben, woraufhin ihr vom Unternehmen mitgeteilt wurde, es sei zu diesem Preis nicht mehr vorhanden. Der Preis habe sich aufgrund der hohen Nachfrage und der Inflation verdoppelt.

Die Klägerin, ein Wettbewerbsverband, sah in dem Vorgang eine irreführende Werbung über die Verfügbarkeit und klagte nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung.

Das beklagte Unternehmen berief sich darauf, dass es sich bei dem Flyer nur um eine beispielhafte Darstellung und Veranschaulichung der Stromkosten gehandelt habe. Dies ergebe sich auch schon aus dem Wort „Beispielsrechnung“. Des Weiteren sei durch den Hinweis „Stand: 05.2021“ ersichtlich, dass der Inhalt inzwischen überholt sei.

Die Argumente des beklagten Unternehmens konnten das angerufene LG Darmstadt nicht überzeugen, sodass es mit Urteil vom 20.10.2023 (AZ: 22 O 6/23) der Unterlassungsklage antragsgemäß stattgab.

Durch den Werbeprospekt würden Verbraucher angesprochen, die einen Balkon besäßen und Interesse daran hätten, wenigstens in geringen Mengen eigenen Strom mithilfe eines Balkonkraftwerks zu produzieren.

Der Satz „Strom für 5 Cent produzieren“ befinde sich auf dem ausge­teilten Flyer, der ebenfalls auf der Website der Beklagten zu finden gewesen sei, gleich auf der ersten Seite. Daneben befinde sich eine abgedruckte 5-Cent-Münze. Auf der zweiten Seite, der Rückseite, fände sich eben diese 5-Cent-Münze wieder. Darunter sei eine Beispielsrechnung zu sehen. Mithin beziehe sich die Beispielsrechnung eindeutig auf die Möglichkeit, mit einem Balkonkraftwerk für 5 Cent eigenen Strom produzieren zu können.

Es komme allein darauf an, ob nach dem Empfängerhorizont eines Durchschnittverbrauchers eine Ware beworben werde, welche den angegebenen Preis aus dem Werbeflyer habe. Dies sei der Fall. Beim Lesen des streitgegenständlichen Werbeflyers werde der Durchschnittsverbraucher zurecht annehmen, dass der Verkäufer ihm zumindest eine Ware anbieten könne, die den ausgelobten Anforderungen gerecht werde und 750,00 Euro koste. Dafür spreche auch die Abbildung des steckfertigen Sets mit der Überschrift „plug & play“.

Verteile das beklagte Unternehmen diese Flyer in der Gegenwart, könne und dürfe der Durchschnittsverbraucher davon ausgehen, dass die streitgegenständliche, darin beworbene Anlage im Sortiment des Händlers zum genannten Preis auch zu finden sei. Er werde andersherum kaum davon ausgehen, dass lediglich eine beliebige Anlage beworben werde, die nicht einmal vom Händler vertrieben werde. Auch der Umstand, dass es sich um einen Flyer mit einem Bearbeitungsstand von Mai 2021 handle, beseitige die Irreführung nicht.

Ein Durchschnittsverbraucher könne durchaus davon ausgehen, dass Angebote in einem gegenwärtig verteilten Flyer noch aktuell seien, auch wenn dessen Bearbeitungsstand in der Vergangenheit liege.

Gerade weil sich Strom- und Solarmodulpreise seit dem letzten Bearbeitungsstand des Flyers teils erheblich geändert hätten, wäre das beklagte Unternehmen gehalten gewesen, Werbeflyer in Bezug auf Preise und Verfügbarkeit rechtzeitig zu aktualisieren. Indem das Unternehmen dies aber verpasst habe, habe es mit dem Flyer eine unbillige Lockwirkung erzielt.
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