Mehr Preistransparenz gefordert: Aldi-Werbung mit zweifelhaften „Mondpreisen“ unzulässig
(…) Wer in einem Prospekt mit auffälligen Preisnachlässen wirbt, muss auch den tatsächlichen früheren Verkaufspreis nennen. Eine bloße Gegenüberstellung des aktuellen Preises mit der sogenannten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers reicht nicht aus, wenn zusätzlich mit einer prozentualen Ersparnis geworben wird. Das hat das Landgericht Düsseldorf entschieden. Aldi Süd darf künftig keine Preiswerbung mit UVP und %-Angabe mehr betreiben, ohne auch den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu nennen (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 4.4.2025, Az. 38 O 284/24).
Verbrauchertäuschung durch scheinbare Schnäppchen
Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein Werbeprospekt von Aldi Süd, der vom 11. bis zum 16. November 2024 deutschlandweit verteilt wurde. Darin wurden verschiedene Produkte beworben – unter anderem Chips – bei denen in großen Lettern auffällige prozentuale Rabatte angegeben waren, etwa „-23 %“. Diese Ersparnis bezog sich allerdings nicht auf einen Preis, den Aldi in den vergangenen Wochen selbst verlangt hatte, sondern lediglich auf die UVP des jeweiligen Herstellers.
Gegen diese Praxis ging die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vor. Sie warf Aldi vor, Verbraucherinnen und Verbraucher mit dieser Art der Preiswerbung bewusst in die Irre zu führen. Denn die UVP sei kein realistischer Vergleichswert – tatsächlich sei das Produkt in den Aldi-Filialen häufig gar nicht oder nur kurz zu diesem Preis verkauft worden. Die Prozentangabe vermittle also ein Sparversprechen, das es in Wahrheit gar nicht gebe. Aus Sicht der Verbraucherschützer handle es sich um eine Täuschung mit sogenannten „Mondpreisen“, also künstlich überhöhten Ausgangswerten, um einen besonders großen Rabatt vorgaukeln zu können.
Aldi selbst verteidigte seine Werbung und argumentierte, dass die bloße Gegenüberstellung mit der UVP zulässig sei. Das Gericht sah das jedoch anders.
30-Tage-Bestpreis als Pflichtangabe
Das LG Düsseldorf machte in der Verhandlung deutlich, dass bei Werbung mit Preisermäßigungen nicht auf theoretische Werte wie die UVP abgestellt werden dürfe. Der Gesetzgeber habe in der Preisangabenverordnung klar geregelt, dass bei der Ankündigung eines Rabatts immer der niedrigste Preis der letzten 30 Tage -genannt werden müsse. Diese Vorschrift gelte auch dann, wenn die Ermäßigung prozentual angegeben werde.
Das LG stellte heraus, dass Verbraucher bei einem Discounter wie Aldi davon ausgingen, dass die Werbung sich auf tatsächlich geforderte Preise beziehe und nicht auf Preisempfehlungen, die der Hersteller irgendwann einmal ausgesprochen habe. Ein normaler Käufer könne nicht einschätzen, ob und wann ein Produkt überhaupt zu dieser UVP erhältlich gewesen sei. Der angezeigte Rabatt sei daher irreführend.
Auch europarechtlich sei die Werbepraxis kritisch zu sehen. Das LG verwies auf die Vorgaben der EU-Preisangabenrichtlinie, die in deutsches Recht umgesetzt wurde. Schon der Europäische Gerichtshof habe im vergangenen Jahr entschieden, dass Verbraucher einen tatsächlichen Preisvorteil erkennen können müssen. Das sei nur möglich, wenn der niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Referenz angegeben werde. Wer diesen unterschlage, verschaffe sich einen unlauteren Wettbewerbsvorteil – auf Kosten der Kunden.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Aldi kann Berufung zum Oberlandesgericht Düsseldorf einlegen. (…)
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