Nachweis des Zugangs einer Briefsendung

Nachweis des Zugangs einer Briefsendung

Landesarbeitsgericht Thüringen, Urteil vom 07.12.2022 – 4 Sa 123/21 Das Problem: Wurde [von der Arbeitnehmerin]
auch ein Anspruch auf eine Sonderzahlung geltend gemacht?

Leitsatz

Kann eine Partei nachweisen, dass der Gegenseite [Arbeitgeberin] ein Schreiben zugegangen ist, so genügt es nicht, dass die Gegenseite den Inhalt des Schreibens einfach bestreitet. Vielmehr muss und kann die Gegenseite erklären, welchen anderen Inhalt das Schreiben gehabt haben soll.

Sachverhalt

In dem zugrunde liegenden Fall stritten sich die Parteien eines Arbeitsvertrags vor dem Arbeitsgericht … über die Auszahlung einer tarifvertraglichen Jahressonderzahlung für das Jahr 2019. Die Klägerin behauptete, die Auszahlung rechtzeitig geltend gemacht zu haben. Sie konnte nachweisen, dass die Beklagte ein Schreiben von ihr erhalten hatte. Die beklagte Arbeitgeberin bestritt aber, dass das Schreiben die Geltendmachung der Jahressonderzahlung beinhaltete. Das AG gab der Klage statt. Dagegen richtete sich die Berufung der beklagten Arbeitgeberin.

Rechtlich

Das Landesarbeitsgericht bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Der klagenden Arbeitnehmerin stehe der Anspruch auf die Jahressonderzahlung zu. Der Anspruch sei rechtzeitig geltend gemacht worden. Es genügt nicht, dass die beklagte Arbeitgeberin den Inhalt des ihr unstreitig zugegangenen Schreibens einfach bestreitet. Die Mitarbeiterin der Arbeitgeberin, die den Briefumschlag entgegengenommen hatte, habe zwingend zur Kenntnis nehmen müssen, welchen Inhalt der Briefumschlag hatte. Die beklagte Arbeitgeberin hatte daher jede Erkenntnismöglichkeit, einfacher und zumutbarer Art, zu ermitteln, welcher Inhalt das Schreiben hatte. Sie [die Arbeitgeberin] hätte konkret dazu vortragen müssen und können, welchen anderen Inhalt das Schreiben gehabt haben soll
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