OLG Hamburg zum Thema Grundpreis und Gesamtpreis
(…) Ein Online-Händler bot Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel über die Plattform Google Shopping an. Hierbei handelte es sich um grundpreispflichtige Produkte. Bei diesen Produkten müssen nicht nur der Gesamtpreis, sondern auch der Preis je Mengeneinheit (= Grundpreis) gemäß § 2 Abs. 1 PAngV angegeben werden. Dies gilt für alle Produkte, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche zu einem festen Preis angeboten bzw. beworben werden.
Ein Wettbewerbsverband ging gegen den Online-Händler aufgrund der angeblich nicht korrekt angegebenen Grundpreisangaben vor. Der Wettbewerbsverband argumentierte, dass es an der unmittelbaren Nähe zwischen Grund- und Gesamtpreis gefehlt habe.
Das Landgericht verpflichtete den Online-Händler in erster Instanz im Juli 2019 dazu, Preiswerbungen zu unterlassen, „für die nicht gleichzeitig der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) und der Gesamtpreis jeweils unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar angegeben werde.“
Gegen das Erfordernis der unmittelbaren Nähe im Zusammenhang mit der Grundpreisangabe wandte sich der Online-Händler mit seiner Berufung vor dem OLG Hamburg. Die Berufung des Online-Händlers hatte Erfolg. Eine unmittelbare Nähe zwischen Grundpreis und Gesamtpreis ist nach Ansicht des OLG Hamburg nicht erforderlich (Urteil vom 25.6.2020, Az.: 3 U 184/19). Das OLG Hamburg führte aus, dass § 2 Abs. 1 PangV zwar die Händler verpflichte, neben dem Gesamtpreis in unmittelbarer Nähe den Preis je Mengeneinheit (= Grundpreis) anzugeben. Das Kriterium der unmittelbaren Nähe müsse jedoch unionsrechtskonform ausgelegt werden.
Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 98/6/EG lege fest, dass der Gesamt- und der Grundpreis nur unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein müssen. Eine unmittelbare Nähe wird in der europäischen Richtlinie allerdings nicht vorgeschrieben. Strengere Anforderungen der nationalen Gesetzgeber sind in diesem Falle der Umsetzung der europäischen Richtlinienvorgabe auch nicht gestattet (s. Art. 3 Abs. 5 RL 2005/29/EG a. F.), es handelt sich daher um eine überschießende Umsetzung des deutschen Gesetzgebers, welche nicht durch die zugrunde liegende Richtlinie gerechtfertigt ist. Nach Ansicht der Hamburger Richter reiche es daher aus, dass der Gesamt- und der Grundpreis nur unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein müssen. Eine unmittelbare Nähe zwischen den Kennzeichnungen für den Grundpreis und den Gesamtpreis ist folglich nicht erforderlich. Diese Nähe kann jedoch im Einzelfall erforderlich sein, bspw. wenn der Grundpreis ansonsten nicht aus dem Angebot klar erkennbar hervorgeht. (…)
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