Tricks mit Preisreduzierung: Überladene Bestpreis-Werbung bei Netto irreführend
Endgültig Schluss mit der Preistrickserei. Nachdem der EuGH sein wichtiges Urteil zur Werbung mit Rabatten im Falle des Discounters Aldi Süd verkündet hat, urteilte nun auch das OLG Nürnberg. Im Nürnberger Fall ging es um den Discounter Netto.
Am 26. September hatte der Europäische Gerichtshof im Rechtsstreit über ein Werbeprospekt des Discounters Aldi Süd Verbrauchern den Rücken gestärkt. Eine beworbene Preisreduzierung müsse auf der Grundlage des niedrigsten Preises der vergangenen 30 Tage berechnet werden, so der EuGH. So sollen Händler daran gehindert werden, Verbraucher in die Irre zu führen, indem sie Preise erst erhöhen, dann wieder reduzieren und damit gefälschte Preisermäßigungen ankündigen. Am gleichen Tag fiel direkt ein weiteres Urteil – dieses Mal traf es den Discounter Netto. Das Oberlandesgericht Nürnberg urteilte, dass wenn ein Händler für seine Produkte mit einem Rabatt wirbt, für Verbraucher klar und eindeutig sein muss, dass sich die Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage be-zieht. Eine überfrachtete Darstellung unter Nennung mehrerer Preise kann dem entgegenstehen, so das OLG (OLG Nürnberg, Urteil vom 24. September 2024, Az. 3 U 460/24 UWG).
Rabattumfang muss klar sein
Der klagende Wettbewerbsverband wandte sich gegen die praktizierte „30-Tage-Bestpreis“-Werbung des Lebensmitteldiscounters Netto. In dessen Werbeprospekt bewarb dieser den Kaffee „Jacobs Krönung“ mit einem prozentualen Preisvorteil von „-36 %“. Darunter standen der derzeit für das Produkt verlangte Rabattpreis von „4,44 Euro“ und der als durchgestrichen gekennzeichnete zuvor verlangten Preis für das Produkt von „6,99 Euro“. Hinter der Preisangabe von „6,99 Euro“ befand sich eine hochgestellte Fußnote 1, die auf folgenden Fußnotentext verwies: „bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer (beworbenes Produkt)“. Das beworbene Produkt war in der Vorwoche für 6,99 Euro und zwei Wochen zuvor bereits für 4,44 Euro erhältlich.
Das OLG Nürnberg urteilte, dass in dieser Kombination der Preisinformation eine irreführende Werbung zu sehen sei. Für den Käufer werde bei dieser Darstellung aus der Werbeanzeige nicht hinreichend klar, dass sich die dargestellte Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehe. Zu dieser Preisinformation sei der Händler jedoch nach einer seit 2022 geltenden Vorschrift in der Preisangabenverordnung verpflichtet. Das OLG entschied daher, dass der Verbraucher aufgrund dieser Vorschrift den niedrigsten Preis, den der Händler innerhalb der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung angewendet hatte, anhand der konkreten Angaben in der Werbung leicht ermitteln können müsse.
Zwar dürfe ein Händler die Preisermäßigung für Produkte zu Werbezwecken nutzen. Die Grenze des Zulässigen sei jedoch überschritten, wenn der Verbraucher aufgrund einer missverständlichen oder mit einer Kombination von mehrdeutigen oder unklaren Preisinformationen überfrachteten Darstellung über den tatsächlichen Umfang des Preisnachlasses im Unklaren gelassen werde. Sofern ein Verkäufer in einer Produktwerbung weitere Preise zu der beworbenen Ware angebe, müsse die Werbeanzeige derart gestaltet sein, dass klar und eindeutig sei, dass sich die Preisermäßigung auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehe. Die hinreichend klare Angabe dieses „Bestpreises“ stelle für den Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung eine wichtige Orientierungshilfe dar, um die dargestellte Preisermäßigung würdigen zu können.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
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