Versandapotheke darf apothekenpflichtige Arzneimittel nicht per Automat ausgeben
Die Abgabe von apothekenpflichtigen Medikamenten an Verbraucher ist durch das Arzneimittelgesetz (AMG) streng reglementiert und darf grundsätzlich nur in Apotheken oder mit spezieller Erlaubnis im Wege des Versandes erfolgen. Wie die Abgabe solcher Arznei über stationäre Automaten rechtlich zu bewerten ist, entschied nach einem zweijährigen Rechtsstreit nun der Verwaltungsgerichtshof Mannheim mit Urteil vom 21.10.2021 (Az.: 9 S 527/20). (…)
I. Der Sachverhalt
Beklagte ist das Regierungspräsidium Karlsruhe. Klägerin ist eine nach niederländischem Recht zugelassene Versandapotheke. Die Klägerin bot im Jahr 2017 in den Räumen einer ehemaligen Apotheke in Hüffenhardt eine Videoberatung mit anschließender Arzneimittelabgabe an. Hierbei wurde der Erwerb apotheken- und verschreibungspflichtiger Arzneimittel mithilfe eines Videoterminals, eines Ausgabeautomaten und eines Bezahlterminals ermöglicht.
Die Beklagte untersagte der Klägerin diese Geschäftspraxis mit Bescheid vom 21.4.2017. Die Beklagte rügte einen Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG. Die Klägerin bringe apotheken- und rezeptpflichtige Arzneimittel außerhalb einer Apotheke und nicht im Rahmen ihres Versandhandels in den Verkehr. Die dafür notwendige Apothekenerlaubnis gem. § 1 Abs. 2 ApoG habe die Klägerin nicht beantragt. Die Abgabe von Arzneimittel per Automat stelle auch keinen Versandhandel dar. Die Klägerin müsse sich daher den Anforderungen an den Betrieb einer Präsenzapotheke stellen.
Die Klägerin wandte sich gegen dieses Verbot und erhob Klage. Das VG Karlsruhe hatte diese Klage mit Urteil vom 4.4.2019 abgewiesen. Mit Beschluss vom 17.02.2020 wurde die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zugelassen. Die Klägerin beantragte im Wege der Berufung vor dem VGH Mannheim, das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe abzuändern und den Bescheid der Beklagten aufzuheben. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Versand an den Endverbraucher verneint §§ 43 Abs. 1 S. 1, 73 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a AMG.
II. Die Entscheidung
Mit Urteil vom 21.10.2021 (Az.: 9 S 527/20) wies der VGH Mannheim die Berufung der Klägerin zurück. Nach der Entscheidung des VGH sei das ausgesprochene Verbot der Beklagten vom 21.4.2017 rechtmäßig und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte sei zur Untersagung berechtigt gewesen, da die Klägerin gegen die Apothekenpflicht des § 43 Abs. 1
S. 1 AMG verstoßen habe. Die zulässigen Vertriebsformen für apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel für den Endverbrauch seien im Arzneimittelrecht abschließend normiert.
Nach § 43 Abs. 1 S. 1 AMG dürfen apotheken- und verschreibungspflichtige Arzneimittel für den Endverbrauch grundsätzlich nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandhandels in den Verkehr gebracht werden.
Die nunmehr in § 17 Abs. 1b S. 1 und S. 3 ApBetrO geregelte Abgabe durch automatisierte Ausgabestationen stelle demgegenüber keine eigenständige Betriebsform dar.
Diese sei der Abgabe in Apothekenbetriebsräumen bzw. dem zugelassenen Versandhandel als besondere Vertriebsmodalität zuzuordnen. (…)
III. Fazit
Das Urteil des VGH vom 21.10.2021 (Az.: 9 S 527/20) bestätigt die Rechtmäßigkeit des Verbots gegenüber der niederländischen Versandapotheke, ohne deutsche Apothekenerlaubnis apothekenpflichtige Medikamente per Automat an Enderbraucher abzugeben.
Das Vertriebsmodell von apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimittel unter Verwendung eines Videoterminals, eines Ausgabeautomaten und eines Bezahlterminals ist als Präsenzapotheke mit technischen Modifikationen und nicht als Vertriebsweg des Versandhandels einzuordnen, welcher unter geringeren Anforderungen zulässig wäre.
Auch der „antizipierte Medikamentenversand“ aus den niederländischen in die deutschen Geschäftsräume macht aus der Geschäftspraxis keinen Versandhandel. Hierfür müsste der Versand unmittelbar an den Endverbraucher erfolgen.
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