Wichtiges Urteil für Winzer: Wann Wein nicht mehr vom „Weingut“ kommt
Winzer dürfen die Weinherstellung grundsätzlich in einen anderen Betrieb verlagern, solange sie dabei entscheidendes nicht aus der Hand geben, so das BVerwG. Eine Winzerin erfüllte die unionsrechtlichen Vorgaben allerdings nicht, weshalb sie ihren Wein nicht mit „Gutsabfüllung“ und „Weingut“ schmücken durfte.
Die Bezeichnungen „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ dürfen nur verwendet werden, wenn die Weinbereitung vollständig im Betrieb des Weinherstellers erfolgt. Eine kurzfristige Anmietung einer Kelteranlage eines anderen Betriebs, auch wenn diese in der Mietzeit ausschließlich für den Mieter genutzt wird, erfüllt die unionsrechtlichen Anforderungen an die vollständige Weinbereitung im eigenen Betrieb nicht, wenn der namensgebende Betrieb nicht die uneingeschränkte Verantwortung und Leitung der Verarbeitung behält, insbesondere bei unvorhergesehenen Ereignissen. Dies hat nun das Bundesverwaltungsgericht entschieden (BVerwG, Az. 3 C 13.23).
Kelterung in angemieteter Anlage
Hintergrund des Verfahrens ist die Klage der Eigentümerin eines Weinguts. Diese betreibt im Weinbaugebiet Mosel eine Produktionsstätte und erzeugt Wein sowohl aus den Trauben eigener Rebflächen als auch aus gepachteten Lagen. Diese gepachteten Rebflächen befinden sich jedoch etwa 70 Kilometer entfernt von ihrem Hauptsitz. Die Winzerin hat mit dem dortigen Verpächter einen Vertrag geschlossen, der es ihr ermöglicht, die Trauben in der Kelteranlage des Verpächters zu verarbeiten. Dazu mietet sie die Kelteranlage jährlich jeweils für eine Dauer von 24 Stunden. Während dieser Zeit steht die Anlage exklusiv zur Verfügung der Weingutsinhaberin, die so den Keltervorgang unmittelbar nach der Ernte durchführen kann.
Die Aufsichtsbehörde untersagte der Winzerin jedoch die Nutzung der Bezeichnungen „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ auf dem in dieser Weise produzierten Wein. Nach Ansicht der Behörde dürfen diese Begriffe nur verwendet werden, wenn die vollständige Weinbereitung in einem räumlich und organisatorisch abgrenzbaren Betrieb des Weinguts erfolge. Eine nur kurzfristige Anmietung der Kelteranlage erfülle die Anforderungen an eine einheitliche Betriebsstätte mit eigenem Personal nicht.
In erster Instanz gab das Verwaltungsgericht Trier der Betriebsinhaberin Recht und bestätigte, dass die ausschließliche Verfügungsgewalt über die Kelteranlage während des Kelterprozesses ausreichend sei, um die Bezeichnungen zu nutzen (VG Trier, Urteil vom 16.5.2019, Az. 2 K 6183/18.TR). Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hob das Urteil jedoch auf Berufung der Behörde auf und stellte fest, dass die unions- und bundesrechtlichen Voraussetzungen für die Begriffe „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ nicht erfüllt seien (OVG Koblenz, Urteil vom 12.8.2020, Az. 8 A 10213/20).
Verpächter durfte eigene Entscheidungen treffen
Das BVerwG setzte in der Folge das Verfahren zunächst aus und ersuchte den Europäischen Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zur Auslegung von weinrechtlichen Vorgaben. Der EuGH entschied sodann im November 2023, dass die Weinbereitung auch dann im Sinne der Verordnung vollständig im namensgebenden Betrieb erfolge, wenn die Kelterung in einer angemieteten Anlage unter der Leitung, ständigen Überwachung und ausschließlichen Verantwortung des Betriebsinhabers stattfinde (EuGH, Urteil vom 23.11.2023, Rechtssache C-354/22). Es sei nicht erforderlich, dass eigenes Personal des Weinbaubetriebs den Kelterprozess durchführe. Der Betrieb müsse jedoch sicherstellen, dass bei unvorhergesehenen Problemen im Kelterprozess die Entscheidungen vom Betriebsinhaber oder dessen Personal getroffen werden und nicht vom Vermieter der Kelteranlage.
Das BVerwG prüfte nun, ob die Winzerin den vom EuGH aufgestellten Anforderungen gerecht wird. Aufgrund des bestehenden Mietvertrags war dies jedoch nicht der Fall. Wie bereits das OVG festgestellt habe, durfte der Verpächter der Kelteranlage im Fall unvorhergesehener Probleme während des Kelterprozesses eigenständige Entscheidungen treffen, ohne dass die Winzerin unmittelbar eingreifen konnte. Dieser Umstand widerspreche der Voraussetzung einer durchgängigen Verantwortung, Leitung und Überwachung durch die Winzerin.
Die Inhaberin des Weinguts dürfe daher für den in der angemieteten Kelteranlage produzierten Wein die Bezeichnung „Weingut“ nicht verwenden, da sie die geforderte uneingeschränkte Verantwortung während des gesamten Keltervorgangs nicht sicherstellen könne, so das BVerwG. Diese Beurteilung gelte gleichermaßen für die Bezeichnung „Gutsabfüllung“.
Der betreffende Wein ist inzwischen zwar nicht mehr vorrätig, dennoch hat das Urteil große Bedeutung. Auch zukünftig müssen Winzer diese Vorgaben einhalten, wenn sie den Namen ihres Betriebs auf dem Flaschenetikett verwenden möchten, selbst wenn einzelne Arbeitsschritte ausgelagert werden.
• www.wbs.legal