Wie gewonnen so zerronnen: Spekulationsmarke mit Behinderungsabsicht
Spekulationsmarke: Das hat jetzt weniger mit einem Weihnachtsgebäck zu tun, als vielmehr mit der vorratsmäßigen Anmeldung von Marken ohne wirkliche Nutzungsabsicht – dafür aber meist mit Behinderungsabsicht. Eine solche Marke kommt aber meist nicht weit, wie ein Beschluss des DPMA (13.10.2021; 30 2015 048 635) zeigt. In diesem Fall wurde die Marke für nichtig erklärt.
I. Sachverhalt: Marken als Spekulationsmodell
Die Antragsgegnerin ist eine Markeninhaberin in Form einer Kleinstkapitalgesellschaft, die 161 Marken besitzt und im Jahr 2018 510 000 Euro erwirtschaftete. Zum Vergleich: die bekannte Hugo Boss AG besitzt lediglich 63 Wortmarken und machte im Jahr 2019 einen Jahresumsatz von 2,9 Milliarden Euro.
Die Markeninhaberin meldete bevorzugt weibliche Vornamen, die für Bekleidungsprodukte geeignet waren und durch andere Modeunternehmen bereits verwendet wurden, an. Zudem fanden sich unter ihren geschützten Wortmarken auch Bezeichnungen, die sich optimal für Werbezwecke eigneten. Nach den Eintragungen der Wortmarken mahnte die Markeninhaberin Dritte vermehrt mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen ab.
Im vorliegenden Fall mahnte die Markeninhaberin/Antragsgegnerin die Antragstellerin ab, da diese die geschützte Wortmarke „Icebound“ verwendete, mit der bereits vor Markenanmeldung Winterjacken und warme Funktionsjacken beworben wurden. Daraufhin beantragte die Antragstellerin beim DPMA die Eintragung der Marke für nichtig zu erklären und löschen zu lassen.
Die Antragstellerin vertrat die Rechtsauffassung, dass die Markeninhaberin ihren Umsatz durch ihre Abmahnungen und nicht aus ihren Lizenzzahlungen erzielt. Das wirkliche Geschäftskonzept der Markeninhaberin bestehe aus der Recherche nach bekannten Modellbezeichnungen und der anschließenden Eintragung dieser Wortmarken.
II. Der Beschluss: Rechtsmissbrauch = böswillig
Das DPMA erklärte die Eintragung der Wortmarke für nichtig und veranlasste die Löschung der geschützten Marke „Icebound“. Das DPMA kam zur Überzeugung, dass die Anmeldung der Wortmarke durch die Markeninhaberin böswillig erfolgte und deshalb kein Schutz durch das Markenrecht zu gewähren sei.
Die Böswilligkeit eines Anmelders ist anzunehmen, wenn die Anmeldung von den Gesichtspunkten des „Rechtsmissbrauchs“ und der „Sittenwidrigkeit“ gekennzeichnet wird. Die Schwelle der Bösgläubigkeit ist überschritten, wenn: seine Wirkungen über eine bloße Folge des als Wettbewerb hinzunehmende Behinderung hinausgehen und bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerbsrechtlichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eignen Wettbewerbs gerichtet ist.
Dabei gilt zu beachten: Die Böswilligkeit des Anmelders muss bereits im Zeitpunkt der Markenanmeldung vorgelegen haben. Im Einzelfall ist auch die Anmeldung einer Spekulationsmarke als böswillig zu deklarieren.
Die Anmeldung einer Wortmarke zu Spekulationszwecken liegt unter folgenden Voraussetzungen vor: Der Anmelder will die Wortmarke nicht ernsthaft benutzen, meldet aber dennoch mehrere Marken für verschiedene Produkte anmeldet, um später gegenüber Dritten, die auf die Verwendung von identischen oder ähnlichen Wortmarken zurückgreifen, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Um eine böswillige Markenanmeldung bejahen zu können, müssen alle Umstände des Einzelfalles umfassend abgewogen werden. Die Absicht, die Marke umzufunktionieren und als „Waffe des Wettbewerbskampfes“ einzusetzen, muss nicht der einzige Beweggrund der Markenanmeldung sein. Diese Benutzungsabsicht reicht jedoch bereits aus, um eine böswillige Markenanmeldung anzunehmen zu können. (…)
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