Zur Nutzung des Wortes „jugendgefährdend“
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 27.8.2019 (veröffentlicht erst am 14.10.2019) entschieden, dass ein Gericht nicht nach eigenem Gutdünken das Gesetzesmerkmal „jugendgefährdend“ anwenden darf.
„Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist [zwar] nicht vorbehaltslos gewährt. Ein Eingriff in die Meinungsfreiheit bedarf aber immer der besonderen Rechtfertigung. So ist es erforderlich, dass Entscheidungen, die an die Bewertung einer durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Äußerung als jugendgefährdend nachteilige Rechtsfolgen, wie die Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten, knüpfen, die wertsetzende Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit berücksichtigen.“
„Diesen Anforderungen genügen die angegriffenen Entscheidungen nicht. Erforderlich ist eine nachvollziehbare Darlegung der einzelnen Subsumtionsschritte unter die Tatbestandsmerkmale der angewendeten Norm, in der sich die Fachgerichte mit der wertsetzenden Bedeutung der Meinungsfreiheit auseinandersetzen und insbesondere den hier infrage stehenden Jugendschutz berücksichtigen. Das Gericht hat hingegen die Äußerungen nur pauschal als jugendgefährdend eingestuft, ohne einzelfallbezogen den Bedeutungsgehalt der beanstandeten Äußerungen in tragfähiger Weise zu ermitteln und die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen. Insbesondere setzte es sich nicht in irgendeiner Weise mit der hier infrage stehenden Sanktion – der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten – und deren Bedeutung und Eingriffsgewicht für Verantwortliche von Äußerungen in sozialen Netzwerken auseinander.“
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