Zur Zulässigkeit der Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am Verhandlungstermin am 18. April 2024 über die Frage zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ zulässig ist.
Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Produkte aus Fruchtgummi und Lakritz herstellt. Die Produkte sind im Lebensmitteleinzelhandel, an Kiosken und an Tankstellen erhältlich. Die Beklagte warb in einer Fachzeitung der Lebensmittelbranche mit der Aussage: „Seit 2021 produziert [die Beklagte] alle Produkte klimaneutral“ und einem Logo, das den Begriff „klimaneutral“ zeigt. Der Herstellungsprozess der Produkte der Beklagten läuft nicht CO2-neutral ab. Die Beklagte unterstützt indes über ein Umweltberatungsunternehmen Klimaschutzprojekte und weist in der Werbung auf diese Kooperation hin.
Der Kläger hält die Werbeaussage für irreführend. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden diese so, dass der Herstellungsprozess selbst klimaneutral ablaufe. Zumindest müsse die Werbeaussage dahingehend ergänzt werden, dass die Klimaneutralität erst durch kompensatorische Maßnahmen hergestellt werde. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die vom Kläger eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 UWG wegen Irreführung zu. Die Leser der Fachzeitung verstünden den Begriff „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen, da ihnen bekannt sei, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen erreicht werden könne. Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch nicht aufgrund eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 1 und 3 UWG sowie § 5a Abs. 1 und 2 UWG in der bis zum 27. Mai 2022 geltenden Fassung wegen Vorenthaltens der Information, auf welche Weise die „Klimaneutralität“ des beworbenen Produkts erreicht werde. Zwar sei diese Information wesentlich. Die erforderliche Aufklärung über Art und Umfang etwaiger Kompensationsleistungen lasse sich aber über die Internetseite des Kooperationspartners erlangen, die in der Werbeanzeige angegeben sei und mittels eines in der Werbeanzeige abgedruckten QR-Codes aufgerufen werden könne. Dies sei Lesern der Fachzeitung auch zumutbar.
Das Berufungsgericht hat die Revision, mit der der Kläger seine Ansprüche weiterverfolgt, wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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