Zustellungen an Facebook Ireland: Facebook kann Deutsch
(…) Facebook kann in einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit einem deutschen Nutzer nicht auf einer Übersetzung deutschsprachiger Schriftstücke in das Englische bestehen. Das hat Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 18. Dezember 2019 entschieden (Az. I-7 W 66/19).
Hintergrund des Rechtsstreits war eine einstweilige Verfügung die ein Mann aus Düsseldorf vor dem zuständigen Landgericht gegen Facebook erwirkte. Der Social Media-Riese Facebook mit Sitz in Irland hatte den Mann wegen des Einstellens eines bestimmten Textes gesperrt und den Text gelöscht. Per Einstweiliger Verfügung wurde Facebook untersagt, den Mann für das Einstellen des Textes auf www.facebook.com zu sperren oder den Beitrag zu löschen. Die Einstweilige Verfügung ließ er Facebook nach Irland zustellen.
Facebook lehnt Zustellung ab
Facebook jedoch lehnte die Zustellung des Schriftstückes ab. Eine in Dublin ansässige Kanzlei erklärte, dass Facebook die Entgegennahme der ihr im Verfahren übersandten Schriftstücke ablehne, da keine englische Übersetzung der Schriftstücke zur Verfügung gestellt worden sei und die Rechtsabteilung die deutsche Sprache nicht verstehe. Hierfür wäre eine englische Übersetzung notwendig.
In der Folge wollte der Betroffene die ihm durch die Zustellung entstandenen Kosten von rund 750 Euro geltend machen und reichte einen entsprechenden Antrag ein. Die beauftragte Rechtspflegerin jedoch wies den Antrag ab. Die Begründung: Die Einstweilige Verfügung sei nicht wirksam zugestellt worden. Daraufhin legte der Betroffene sofortige Beschwerde beim OLG Düsseldorf ein. Deshalb musste sich das OLG mit der Frage der Zustellung befassen. Der Inhalt des Beitrags war im Verfahren ohne Belang.
OLG hält Zustellung für wirksam
Der 7. Zivilsenat des OLG Düsseldorf ließ Facebook mit dieser Begründung nun aber nicht durchkommen und entschied, dass es bei dem Verständnis der Sprache nicht auf die persönlichen Fähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung ankomme, sondern auf die Organisation des Unternehmens insgesamt.
Zwar könne gemäß Art. 8 Abs. 1 EU-Zustellungs-VO (EuZVO) die Annahme eines zuzustellenden Schriftstücks verweigert werden, wenn es nicht in einer Sprache abgefasst sei, die entweder der Empfänger verstehe oder welche Amtssprache am Zustellungsort ist.
Für die Frage, ob bei einem Unternehmen als Empfänger vom Verständnis der Sprache auszugehen ist, komme es nicht auf die persönlichen Fähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung, sondern auf die Organisation des Unternehmens insgesamt an. Maßgeblich sei hierbei, ob aufgrund der Art und des Umfangs der Geschäftstätigkeit in einem bestimmten Land davon ausgegangen werden könne, dass in dem Unternehmen Mitarbeiter vorhanden seien, welche sich um rechtliche Auseinandersetzungen mit den Kunden in der Landessprache kümmern könnten. Insofern habe eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände zu erfolgen.
Verfügt ein Internetportal wie Facebook Ireland Ltd. mit Sitz in einem EU-Mitgliedsstaat über zahlreiche Nutzer in Deutschland und wird den Nutzern die Plattform, aber auch die zwischen den Parteien verwendeten Dokumente (AGB, Nutzungsbedingungen, sog. Gemeinschaftsstandards) vollständig in deutscher Sprache und auch ausgerichtet auf deutsches Recht zur Verfügung gestellt, spreche dies für ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache im Sinne von § 8 Abs. 1 EuZVO.
Ein gegenteiliger Vortrag könne sich vielmehr als bloße Schutzbehauptung darstellen. Die Verweigerung der Annahme eines nicht übersetzten Schriftstücks (hier: Beschlussverfügung in deutscher Sprache) könne sich bei einer Zustellung im Wege der Rechtshilfe als nicht zulässig und im Ergebnis gar als rechtsmissbräuchlich erweisen.
Das OLG Düsseldorf stellte abschließend fest, dass die Weigerung der Annahme wegen einer fehlenden englischen Übersetzung jedenfalls unberechtigt gewesen sei, sodass die Zustellung der Schriftstücke in deutscher Sprache als erfolgt anzusehen sei. (…).
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